Kinder ohne deutsch Sprachkenntnisse müssen sich schnell mündlich verständigen können, aber natürlich darf auch der Schriftspracherwerb nicht ignoriert werden.
Bevor man hier in die Förderung einsteigt, sollte man klären, wie die Voraussetzungen bei den einzelnen Kindern sind. Grob können drei Gruppen unterschieden werden:
- Kinder, die aufgrund von Alter und Lebensbedingungen (z.B. Flucht, Migration) noch in keiner Sprache alphabetisiert sind
- Kinder, die schon in einer anderen Sprache alphabetisiert sind, unser Schriftsystem aber noch nicht kennen
- Kinder, die schon in einer anderen Sprache alphabetisiert sind und auch schon Kenntnisse von unserer Schrift haben (z.B. weil sie schon Englisch oder Französisch gelernt haben)
Auf der Internetseite der Bezirksregierung Arnsberg gibt es eine hilfreiche deutsch-ukrainische Anlauttabelle.
Das Vorgehen im Unterricht sieht für jede Gruppe sehr unterschiedlich aus.
Dennoch ist für alle Gruppen zu bedenken:
- zu Beginn müssen sich die Kinder erst einmal grundlegend in den Klang und den Rhythmus der deutschen Sprache "einhören" - reine Abhörübungen wie wir sie aus dem Anfangsunterricht kennen, sollten noch nicht im Mittelpunkt stehen; hier kann es am Anfang zu vielen Fehlern kommen und außerdem sind die genutzten Begriffe in der Regel noch nicht bekannt
- einige Buchstaben wie ä, ö, ü und Buchstabenkombinationen wie au, ei, eu, ie, sch, st, sp, ... kommen so in vielen anderen Sprachen nicht vor und müssen von den Kindern ganz neu gelernt werden
- kurze und lange Vokale führen im Deutschen teilweise zu Bedeutungsunterschieden; z.B. den oder denn, las oder lass...
Die Vakallänge bzw. die Vokale mit langer und kurzer Sprechweise tauchen so in anderen Sprachen nicht auf.
Das muss einem klar sein, weil es Auswirkungen auf das Lesen und einige Rechtschreibregeln hat (z.B. Konsonantenverdopplung) - zählt man Umlaute und Kombinationen mit, gibt es im Deutschen eine ganze Menge Vokale, andere Sprachen kommen mit viel weniger Vokalen aus und es muss trainiert werden, die Unterschiede überhaupt erst einmal zu hören
Ich hoffe, dass diese grundlegenden Informationen hilfreich sind und genutzt werden können.
Liebe Grüße
Katja
Liebe Katja,
ganz lieben Dank für die wertvollen Informationen. Die Ferien in NRW habe ich dafür genutzt, um mich weiter in das Thema "DAZ" einzulesen. Dabei bin ich auf deinen wirklich informativen Blog-Beitrag gestoßen. Er hat mich neugierig gemacht und so würde mich noch interessieren, ob du eventuell ein paar Material-Tipps hast, mit denen sich die Kinder der 1. Gruppe (in keiner Sprache alphabetisiert) selbständig beschäftigen können? Bei meinen Recherchen habe ich festegstellt, dass bei vielen Materialien die Kinder schon alphabetisiert sein müssen oder eine enge Begleitung nötig ist.
Ganz lieben Dank dir und auch Gille, Jette 🙂
Liebe Jette!
Vielen Dank für deine nette Rückmeldung! Ich bin ja noch neu hier und manchmal noch unsicher, ob das überhaupt jemanden interessiert, was ich so zurechttippe...
Um dir zielgerichtet helfen zu können, würde ich vorab gerne wissen, ob die betroffenen Kinder bei dir in der Regelklasse, in einer Fördergruppe oder einer Willkommensklasse sitzen, welchem Jahrgang sie zugeordnet sind und welche Sprachen sie schon mitbringen... Das hat alles großen Einfluss auf die Materialauswahl und daher kann ich dir besser helfen, wenn ich mehr weiß...
Ganz liebe Grüße
Katja
Ich suche immer wieder nach Material, das die Kinder nutzen können, die im ersten Schuljahr sind und bestensfalls ab und zu mal an DaZ Stunden teilnehmen. Sie brauchen dann ja auch im Klassenunterricht immer mal wieder Aufgaben und Übungen, die sie alleine machen können. Ich habe hierfür jetzt Vorschulmaterial in Blöcken besort, wo die Kinder schneiden und kleben können. Das macht vor allem Sinn, um sie feinmotorisch zu fördern, bringt aber natürlich nichts rund um das Sprachenlernen.
LG Gille
Liebe Katja,
vielen Dank für deine Rückmeldung!
Ich lese deine Beiträge sehr gern und habe bislang nirgends so konkrete Tipps gefunden wie deine. Und dann noch ergänzend die Materialien von Gille - das ist eine große Hilfe. Also gern mehr!
Ich habe im Sommer eine jahrgangsgemischte Klasse 1 bis 4 übernommen und es ist ein ganz buntes Trüppchen. Ein Großteil der Erstklässler ist nicht deutschsprachig - sie sprechen nur Satzfragmente und auch das Verstehen ist noch schwierig. Wir konnten einige fehlende Vorläuferfähigkeiten aufarbeiten und haben durch zahlreiche Wiederholung von Übungen zur Anlauttabelle und durch Lautgebärden, die Laute der Buchstaben geübt, so dass die Erstklässler sich nun mit Hilfe der ersten Leseblätter von Gille ans Lesen rantasten. Auch in Klasse 2 und 3 sind nicht deutschsprachige Kinder. Die DAZ-Zweitis kennen zwar mittlerweile die Buchstaben, haben aber beim Schreiben noch nicht die Lautierphase verlassen und auch beim Lesen schaffen sie momentan noch nur einzelne Wörter. Das Sprachverständis und Sprechvermögen ist bei diesen Kindern auch noch mäßig. Genau so gibt es auch in Klasse 3 weitere Kinder, die noch kein sicheres Sprachgefühl entwickelt haben, um z.B. alleine die Übungen des Deutschunterrichts bearbeiten zu können.
So viel in "Kürze" - zur Einordung!
Sicher sieht es auch in anderen Klassen so bunt aus?!
Für die verschiedenen Grüppchen bin ich nun auf der Suche nach guten Materialien, die sie auch möglichst alleine bearbeiten können und die sie im sprachlichen Bereich stärken.
Einmal die Woche habe ich für 2 Stunden eine Doppelbesetzung - hier haben wir aber auch noch kein zufriedenstellendes Vorgehen gefunden, so dass wir all den verschiedenen Kindern gerecht werden. Vielleicht hast du auch da Tipps? Lieber eine kurze und knackige Einzelförderung oder eine etwas längere Kleingruppenförderung?! Was würdest du empfehlen? Und hast du auch für den DAZ-Unterricht Material-Tipps?
Oh, je - so viele Fragen ... Wenn das hier den Rahmen sprengt, dann sag es bitte!!
Ansonsten freue ich mich natürlich über jeden kleinen weiteren Tipp ...
Vielen lieben Dank und noch einen schönen Abend - beste Grüße, Jette
Liebe Jette, da hast du eine spannende und herausfordernde Gruppe vor dir! Und deine Fragen sind wirklich schwierig in Kürze zu beantworten. Ich beziehe mich mal auf zwei Aspekte :
1. Unterrichtsorganisation
In einer derart heterogenen Gruppe ist es mir immer wichtig, dass für die einzelnen Kinder nicht zu viel passive Wartezeit entsteht - nur dabeisitzen, nicht mitreden können, nicht viel verstehen zu können. Daher versuche ich bei der Unterrichtsplanung immer für mich, die Gruppe in verschiedene Untergruppen zu sortieren, die dann mit ähnlichen Aufgaben beschäftigt werden können. Zum Beispiel gibt es erst eine gemeinsame Phase für alle, dann führt eine Untergruppe vielleicht eine Aufgabe vom Vortag weiter, eine andere Gruppe übt noch mal mit einem Legespiel oder am PC (Sag es auf Deutsch, Richtig so oder Duolingo) und mit einer weiteren Gruppe führe ich etwas ein. Den ständigen Planungsblick "Wie sind die einzelnen gerade beschäftigt?" finde ich sehr sinnvoll....Konzentriert man sich in der Vorbereitung vor allem auf den Inhalt, passiert es meiner Meinung nach zu oft, dass Kinder, die über- oder unterfordert sind, zu schnell übersehen werden.
Der 2. Aspekt - Material
Leider gibt es gerade für die Gruppe, die noch kaum Deutsch spricht und dazu auch noch nicht alphabetisiert ist, nur sehr wenige Materialien zum selbstständigen Arbeiten. Ehrlich gesagt erstelle ich viele Materialien schon seit Jahren selber - dann passen sie wenigstens und es kostet mich fast weniger Zeit als die Sucherei unter bestehenden Sachen.
Besonders liebe ich Materialien, die sehr unterschiedlich eingesetzt werden können. Beispiel : Wimmelbild Herbst
Nach dem mündlichen Austausch darüber kann ich
- Bildelemente beschriften
- oder nur Anfangsbuchstaben an die passenden Stellen schreiben oder sogar nur Silbenbögen
- oder ich schreibe die Artikel dazu oder male die Bildelemente farblich in den Artikelfarben an
- oder ich stelle Wörter, Sätze, Satzteile zur Verfügung, die an die passende Stelle des Bildes eingeordnet werden müssen
- oder ich gebe 6 einfache Lesewörter vor und nur drei davon gehören zu dem Bild
- oder ich schreibe einen kleinen Text dazu, der aber nicht 100ig stimmt und die Kinder müssen die Fehler finden..
Auf die Art hat man nicht so wahnsinnig viel Vorbereitungszeit, kann aber doch sehr unterschiedlich auf auf unterschiedlichen Leveln arbeiten.
Liebe Katja,
ganz lieben Dank für deine ausführliche und wertvolle Rückmeldung.
Ich werde das lange Wochenende dafür nutzen, um deine Tipps zu verarbeiten und neues Material zu erstellen ...
... ergänzend habe ich für die DAZ-Kinder des ersten Schuljahres nun noch das neue Rechtschreiben 1 vom Jandorf sowie das Küken-Liesmal-Heft besorgt. Diese können nun mit einem Bookii-Stift genutzt werden - durch Tippen auf die Bilder bekommen diese einen Namen. Das ist wirklich toll, dass die Verlage sich zunehmend mehr auch auf den Weg machen und sinnvolles Arbeitsmaterial für DAZ-Kinder erstellen.
Ich freue mich auf weitere Blog-B eiträge von dir.
Vielen Dank und beste Grüße, Jette