und so hört es sich an,
wenn meine langjährige Herzensfreundin Katja Leszinski
aus ihrem Matheunterricht berichtet und mir damit aus der Seele spricht:
Seit diesem Schuljahr gebe ich nach Jahren wieder Mathematik und das in einer abenteuerlich jahrgangsgemischten Gruppe (6 VorschülerInnen, 1 Zweitklässler, 5 "echte" Erstis und 13 Erstis im zweiten Schulbesuchsjahr - alles gemessen an ihrem mathematischen Kenntnisstand), mit 99% mehrsprachigen Kindern.
Nach drei Monaten Schule habe ich sie alle in mein Herz geschlossen, aber einige Schwierigkeiten sind zu meistern, um einen Unterricht organisieren zu können, der alle langsam aber sicher mathematisch voranbringt.
Die Gruppe, die ich als besonders herausfordernd empfinde, sind die Kinder, die keine Mengenvorstellung haben und in Gefahr sind, mehr oder weniger heimlich alles abzuzählen und damit in einer totalen Sackgasse zu landen.
Mein Ziel besteht also momentan darin, ihnen Material anzubieten, das
- auf keinen Fall zum Abzählen ermuntert
- abwechslungsreich ist
- spielerisch und auch zu zweit nutzbar ist
- wenig Erklärung verlangt
- in unterschiedlichen ausbaubaren Formaten vorliegt
Wenn ein Kind Schwierigkeiten hat, einen Mengenbegriff zu entwickeln, stehen wir oft da, wie der Ochse vor dem Berg:
Warum SEHEN sie nicht, dass das 6 sind, wenn da zweimal 3 Plättchen auf dem Tisch liegen?
Welche Übung braucht das Kind jetzt - und wo kriege ich sie her?
Was heißt das für meinen Unterricht?
(Bitte berücksichtigen, dass ich keine studierte Mathematikerin bin - ich schreibe jetzt hier nur aus der Sicht einer erfahrenen Unterrichtenden...)
Warum sehen sie nicht? (Frage 1):
Keine Ahnung, es gibt
viel Magie rund ums Lernen.
Wichtig ist erst einmal nur: das Kind kann es nicht - Punkt.
Als Folge daraus habe ich in letzter Zeit für mich die verschiedenen Lernebenen wiederentdeckt:
- für das Kind liegt erst einmal handelndes Lernen an
- dann erst die ikonische Ebene
- und zum Schluss abstrakte Darstellungsweisen
Welche Übung und woher? (Frage 2):
Egal welches Lehrwerk wir nutzen, ich behaupte mal ganz arrogant, dass es kein Lehrwerk gibt, was ausreichend Material für diese Lerngruppe zur Verfügung stellt. Im krassestens Fall gibt es 4 Seiten zur Zahldarstellung, 4 Seiten zur Zahlzerlegung und das war es dann. Das oft mitangebotene Spielmaterial ist meist schwierig einsetzbar, weil es erklärt und begleitet werden muss, ungünstig vorbereitet (zu klein oder wenige Spielpläne) oder schlecht handhabbar ist (zu kleine, dünne Spielkärtchen). Für Kinder, die oft Monate brauchen, um eine Zahlvorstellung zu entwickeln, ist das Angebot meist einfach zu dürftig.
Was heißt das für meinen Unterricht? (Frage 3):
Ich brauche einen Fundus an Material, das die weiter oben genannten Kriterien (kein Abzählen, spielerisch und für zwei, abwechslungsreich, intuitiv und differenziert) erfüllt.
Ich muss davon ausgehen, dass diese Kinder zumindest in der Zeit, in der sie ihre Lernkompetenz Mengenbegriff erarbeiten, vom Stoff der "normal arbeitenden Kinder" abgehängt werden.
Ich fördere sie konsequent in ihrem Bereich und ziehe sie nicht durch Lernbereiche mit, die sie noch gar nicht durchdringen können und wo die Gefahr besteht, dass sie falsche Strategien, zum Beispiel Abzählen, immer weiter festigen.
Diese drei Konsequenzen sind logisch, erfordern aber Mut. Man muss das klar gegenüber den Eltern, teilweise den Kolleginnen und auch der Schulleitung vertreten können. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht immer einfach ist. Ich bin aber mittlerweile so konsquent, beharrlich und standhaft drauf zu sagen: anders geht es nicht!
Liebe Grüße
Katja
und nachdem Katja hier jetzt erst einmal ihre aktuelle Lage beschrieben hat,
hat sie vor, auch noch einmal zu berichten,
was sie im Lernstübchen an hilfreichem Material gefunden hat,
und was man darüber hinaus auch noch gut einsetzen kann
und da käme ich dann wieder ins Spiel,
um in diesem Feld dann fleißig weiterzuarbeiten...
LG Gille